John Maynard Keynes

The analysis was in terms of a single national economy. What is desperately needed now is a rewrite in terms of the world economy." (John Maynard Keynes's General Theory of Employment, Interest and Money, 1936)

Sonntag, 16. November 2014

Industrielle Revolution und die globale Schicksalswende (reversal of fortune)


Wie weithin bekannt und in diesem Diagram visualisiert, wächst der Grad der wirtschaftlichen Entwicklung mit der Entfernung zum Äquator. Dalgaard und Strulik weisen darauf hin, dass eine positive Korrelation zur Körpergröße besteht, die bis heute ihre Schatten wirft, und eine frühere demographische Transformation erfolgte, was mit höhere Investitionen in das Humankapital korreliert.

In vorindustrieller Zeit waren die wirtschaftlichen Karten genau umgekehrt gemischt. Diese globale Schicksalswende (reversal of fortune) ist ein besonderer historischer Umkehrpunkt, hat aber seine natürlichen Ursachen in den neuen Wachstumsanforderungen, ein Prozess, der auch heute noch im Großen wie im Kleinen stattfindet. Das qualitative Neue dieses globalen Paradigmenwechsels war der globale Zusammenhang. Die neuen Institutionen des Westens wie Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaat und Schutz des Privateigentums (1) hatten einen globalem Bezug und sind ohne die enormen Gewinne aus dem Transantlantikhandel und den Kolonien einerseits und der Zerstörung der Institutionen im Rest der Welt nicht zu erklären. Mit den Gewinnen aus dem globalen Handel war es erstmals in der Geschichte möglich, den unternehmerischen Pionieren einen "gerechten" Lohn für ihre Innovationen zu zahlen, ihre Risiken zu kompensieren und damit der Volkswirtschaft einen neuen Entwicklungspfad zu ermöglichen. Joel Mokyr betont, dass die technische Evolution dann eine Eigenentwicklung nimmt, die dem Initiator eine Führungsrolle sichert. Dies ist heute unter dem Konzept der "The winners take all" Märkte Allgemeinwissen.

Es ist daher wohl ungenau zu sagen, dass die Länder des Westens zuerst den Weg einer dynamischen wirtschaftlichen Entwicklung betreten haben. Präziser ist es zu erklären, dass die industrielle Revolution eine duale Weltwirtschaft produzierte, die die Wertschöpfung zwischen den entwickelten Staaten und den Entwicklungsländern auffächerte. An den Mechanismen hat sich prinzipiell bis heute nichts geändert und die Unterschiede in der Wertschöpfung sind trotz einzelner Gegentendenzen eher gestiegen. Zugleich sind die wirtschaftlichen Aktivitäten und der Wohlstand enorm gestiegen und  die gesamte Weltwirtschaft befindet sich inzwischen am Ende des Industriezeitalters - China produziert heute die Hälfte aller industriellen Güter, nicht die USA wie nach dem Ende des zweitenWeltkrieges, obwohl es im Pro-Kopf BIP Vergleich erst an 68. Stelle steht.

Charles I. Jones fragt, ob die industrielle Revolution unvermeidlich war und bejaht diese Frage. Historisch wäre es aber möglich gewesen, dass sie auch einige Jahrhunderte später erfolgt wäre. Vielleicht hätte die Welt noch länger warten müssen, bis der amerikanische Kontinent die Initiative ergriffen hätte. Aber schon das Römische Reich hat nach vielen Kriterien gesellschaftliche Höhepunkte definiert, die erst 1500 Jahre später wieder erreicht wurde. Auch hier gibt es einfach viele historische Zufälligkeiten.




(1) Zuverlässiger Schutz des Privateigentums ist ein wichtiges Standbein einer funktionierenden Marktwirtschaft. Als eine historische Zäsur bedeutet es die Instrumentalisierung des staatlichen Gewaltmonopols für die Garantie des Nicht-Eigentums einer Mehrheit der Bevölkerung. Kein Wunder, dass ein solches fragiles Gleichgewicht vorwiegend in den entwickelten Staaten besteht und es im Rest der Welt oft in Richtung des allgemeinen Wohlstands und zuungunsten einzelner Investoren verschoben. Dazu steht nicht im Widerspruch, dass private Investoren und viele wirtschaftliche Studien immer wieder den Schutz ihres Engagements als allgemeines Prinzip für Wachstum ungeachtet des volkswirtschaftlichen Wirkungen im jeweiligen konkreten Kontext betonen.


Referenzen:

Carl-Johann Dalgaard und Holger Strulik. Physiological constrains and Comparative Economic Development. October 2014. papers.ssrn.com

Joel Mokyr. Why was the Industrial Revolution a European Phenomenon? Supreme Court Economic Review, Volume 9 Fall 2002

Charles I. Jones. Was an Industrial Revolution Inevitable? Economic growth over the very long run. September 1999. www.standford.uni

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