John Maynard Keynes

The analysis was in terms of a single national economy. What is desperately needed now is a rewrite in terms of the world economy." (John Maynard Keynes's General Theory of Employment, Interest and Money, 1936)

Dienstag, 11. November 2014

Dequalifizierung: Ähnlichkeit der Muster mit dem Beginn der industrieellen Revolution



In einem Artikel untersuche Alexandra de Pleijt und Jacob Weisdorf die Veränderung der Qualifikationsanforderungen zu Beginn der Industriellen Revolution, von 1550 bis 1850. Sie unterscheiden hoch-, mittel- und unqualifizierte Tätigkeiten.

In diesem Zeitraum von 300 Jahren fand eine umfangreiche Dequalifizierung statt. Der Anteil  unqualifizierter Tätigkeiten stieg von 25 % im Jahre 1550 auf 45 % im Jahre 1850, während die hochqualifizierten Tätigkeiten einen umgekehrten Verlauf nahmen. 


Wie Joel Mokyr aufzeigte, waren es aber gerade die hochqualifizierten Tätigkeiten, mit einer Gesamtzahl der Beschäftigten von 220 000 im Jahre 1700 und 850 000 im Jahre 1850, die den technologischen und welthistorischen Durchbruch ermöglichten. Interessant ist auch, dass der Reallohn, der nahe dem Subsistenzniveau war, stagnierte und er erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts anstieg, nachdem Karl Marx sein "Das Kapital" 1867 fertig gestellt hatte, mit denen er die bis dahin dominierenden Trends extrapolierte und den Anstoß für das Entstehen eines alternativen Gesellschaftsmodells gab. 


Diese historischen Erfahrungen lassen die oft erhobene Forderung nach Bildungsinvestitionen in einem differenzierteren Licht erscheinen: 

* Um Wachstum zu erzeugen, kann das Gießkannenprinzip von Schaden und die Konzentration auf wenige Gebiete von Nutzen sein. Im universitären Bereich sind es die US-Universitäten, die mit Milliardenaufwendungen ihre Stellung bewahren und offensichtlich wenig Konkurrenz haben. Die Aussage ist verbreitet, dass die durchschnittliche deutsche Universität besser als die durchschnittliche US-Universität ist, aber die deutschen Spitzenuniversitäten weit abgeschlagen sind. Die Situation in den Hochschulen spiegelt die Situation in der Wirtschaft: konkurrenzfähige, globale und innovative mittelständische Unternehmen und die roten Lichter des abgefahrenen Zuges bei revolutionären Basisinnovationen. Der Versuch der EU, mit Milliardeninvestitionen von oben in die Phalanx der US Universitäten einzubrechen ist grandios und vorhersehbar gescheitert. Heute hat man andere Probleme. 

* Wie geht man mit der Dequalifizierung um? Der Trend ist heute offensichtlich. Offene Märkte haben die Konkurrenz im unqualifizierten Bereich verstärkt, die Löhne begann zu sinken und trugen als technologische Komponente zur Stagnation der Reallöhne in den entwickelten Ländern bei. Das Marktgeschehen spreizt die Löhne auf. Die Politik kann einen solchen Prozess abbremsen, aber kaum verhindern. Diese Tendenz wird sich fortsetzen bis es zu einer Trendwende kommt, wofür es gegenwärtig keine Anzeichen gibt. 

* Die Bedeutung von allgemeinen Bildungsstandards nimmt zu. In den UN Millenium Development Goals ist die Grundschulausbildung als Ziel formuliert. Dies wird wenig an der niedrigen Wertschöpfung dieser Länder ändern, denn bei einem vergleichbarer Pro-Kopf BIP sind Entwicklungsländer schon heute gebildeter als die Industrieländer vor Jahrzehnten. Aber es ermöglich Teilnahme und kompensiert teilweise die Benachteiligung in den Bedingungen zur Wertschöpfung. 

Insgesamt ein Indiz, dass sich der gegenwärtige Zeitabschnitt bestimmte Muster mit dem Beginn der industriellen Revolution teilt und Aussage wie pauschal mehr Bildungsinvestitionen auch kontraproduktiv sein können. 

Ein plausibler und interessanter Mosaikstein für die Einseitigkeit und spezifische Eigenlogik gesellschaftlicher Prozesse. Siehe auch hier.

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