John Maynard Keynes

The analysis was in terms of a single national economy. What is desperately needed now is a rewrite in terms of the world economy." (John Maynard Keynes's General Theory of Employment, Interest and Money, 1936)

Donnerstag, 10. April 2014

Buchrezension: The Idealist. Jeffrey Sachs and the Quest to End Poverty


Nina Munk schreibt ein hervorragend recherchiertes und brillant geschriebenes Werk über Jeffrey Sachs und seine globale Initiative, Armut mit einem Schlag zu beenden. Die Idee war, durch technische Aufrüstung von sogenannten Milleniumsdörfern mit einem großen Sprung aus der absoluten Armut in die Moderne zu gelangen. Nina Munk schildert kurzweilig und mit viel Detailkenntnis über die Brennpunkte des Geschehens, darunter die konkreten Entwicklungen in zwei Dörfern, wie der Enthusiasmus des Entstehens in die Verzweiflung des Scheiterns mündete und die Lage nachher nicht immer besser als vorher ist, trotz Millioneninvestitionen.  

Jephrey Sachs ist ein Revolutionär. Es hatte eine großartige Idee, die nicht richtiger sein könnte: Anhand des Reichtums der modernen Welt ist extreme Armut ein beispielloser Skandal. Nur frisst noch jede Revolution ihre Kinder. Nina Munk zeigt drastisch, wie von Experten von Anbeginn vorhergesagt wurde, dass das Anliegen der Milleniumsdörfer zum Scheitern verurteilt ist. Entwicklung ist ein komplexes Phänomen. Abkürzungen gab es nicht und gibt es nicht, sei es  Technologie, Dünger, Projektmanagement oder ein partizipativer Ansatz in der Entwicklungshilfe. Ein zusätzlicher Input erhöht zwar den Wohlstand, tritt aber keine Wechselwirkung mit der Umwelt, den nationalen und globalen Märkten ein, dann bleibt es auch dabei, wie ein zusätzlicher Regen, eine bessere Ernte oder ein Geschenk des Himmels. Austausch mit den Märkten ist notwendig, um ein Mehr an Wohlstand in wirtschaftliche Entwicklung umzumünzen. Neue Strukturen und Mentalitäten müssen entstehen. Das ist anspruchsvoll, komplex, innovativ, unvorhersehbar und widersprüchlich. Es verfügt über eigene Dynamiken, Anforderungen und Grenzen. Schließlich geht es um Handelspräferenzen und globale Machtverhältnisse. In einer vernetzten und globalisierten Welt steht alles in einem Zusammenhang.

Langfristig führt kein Weg an einem globalen Ausgleich und globalen sozialen Standards vorbei. Die UN-Milleniumsziele und die sich in der Diskussion befindlichen Nachhaltigkeitsziele zeigen in diese Richtung. Die Insellösung Milleniumsdörfer a la Sachs ist eine von den vielen Sackgassen in diesem aufwändigen und jahrzehntelangen Lernprozess.

Jephrey Sachs wollte dies nicht sehen, er hat es nicht gesehen und er will dies nicht sehen. Die Milleniumsdörfer wiederholen in gewisser Weise die Erfahrungen der von ihm begleiteten Schocktherapie in Russland, die in Verelendung und Skandale von korrupten amerikanischen Beratern endete. Darin liegt eine gewisse Tragik.

Nina Munk stellt sich nicht dem Anspruch, die theoretischen Debatten zu reflektieren, auch wenn sie auf wichtige Fakten und Ansätze Bezug nimmt. Sie schildert eindrucksvoll und mit vielen konkreten Beispielen, die Eigenlogik und Rationalität der einzelnen Akteure, deren beste Absichten und harte Arbeit nicht zu den gewünschten Resultaten führen konnte. Das Buch ist eine Empfehlung für einen ruhigen Nachmittag oder Abend.

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