Nina
Munk schreibt ein hervorragend recherchiertes und brillant geschriebenes Werk
über Jeffrey Sachs und seine globale Initiative, Armut mit einem Schlag zu beenden.
Die Idee war, durch technische Aufrüstung von sogenannten Milleniumsdörfern mit
einem großen Sprung aus der absoluten Armut in die Moderne zu gelangen. Nina
Munk schildert kurzweilig und mit viel Detailkenntnis über die Brennpunkte des
Geschehens, darunter die konkreten Entwicklungen in zwei Dörfern, wie der
Enthusiasmus des Entstehens in die Verzweiflung des Scheiterns mündete und die
Lage nachher nicht immer besser als vorher ist, trotz Millioneninvestitionen.
Jephrey
Sachs ist ein Revolutionär. Es hatte eine großartige Idee, die nicht richtiger
sein könnte: Anhand des Reichtums der modernen Welt ist extreme Armut ein
beispielloser Skandal. Nur frisst noch jede Revolution ihre Kinder. Nina Munk
zeigt drastisch, wie von Experten von Anbeginn vorhergesagt wurde, dass das
Anliegen der Milleniumsdörfer zum Scheitern verurteilt ist. Entwicklung ist ein
komplexes Phänomen. Abkürzungen gab es nicht und gibt es nicht, sei es
Technologie, Dünger, Projektmanagement oder ein partizipativer Ansatz in der
Entwicklungshilfe. Ein zusätzlicher Input erhöht zwar den Wohlstand, tritt aber
keine Wechselwirkung mit der Umwelt, den nationalen und globalen Märkten ein,
dann bleibt es auch dabei, wie ein zusätzlicher Regen, eine bessere Ernte oder
ein Geschenk des Himmels. Austausch mit den Märkten ist notwendig, um ein Mehr
an Wohlstand in wirtschaftliche Entwicklung umzumünzen. Neue Strukturen und
Mentalitäten müssen entstehen. Das ist anspruchsvoll, komplex, innovativ,
unvorhersehbar und widersprüchlich. Es verfügt über eigene Dynamiken,
Anforderungen und Grenzen. Schließlich geht es um Handelspräferenzen und
globale Machtverhältnisse. In einer vernetzten und globalisierten Welt steht
alles in einem Zusammenhang.
Langfristig
führt kein Weg an einem globalen Ausgleich und globalen sozialen Standards
vorbei. Die UN-Milleniumsziele und die sich in der Diskussion befindlichen
Nachhaltigkeitsziele zeigen in diese Richtung. Die Insellösung Milleniumsdörfer
a la Sachs ist eine von den vielen Sackgassen in diesem aufwändigen und
jahrzehntelangen Lernprozess.
Jephrey
Sachs wollte dies nicht sehen, er hat es nicht gesehen und er will dies nicht
sehen. Die Milleniumsdörfer wiederholen in gewisser Weise die Erfahrungen der
von ihm begleiteten Schocktherapie in Russland, die in Verelendung und Skandale
von korrupten amerikanischen Beratern endete. Darin liegt eine gewisse Tragik.
Nina
Munk stellt sich nicht dem Anspruch, die theoretischen Debatten zu
reflektieren, auch wenn sie auf wichtige Fakten und Ansätze Bezug nimmt. Sie
schildert eindrucksvoll und mit vielen konkreten Beispielen, die Eigenlogik und
Rationalität der einzelnen Akteure, deren beste Absichten und harte Arbeit nicht
zu den gewünschten Resultaten führen konnte. Das Buch ist eine Empfehlung für
einen ruhigen Nachmittag oder Abend.
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