Die Erörterungen
zum drohenden Staatsverfall der Ukraine zeigten am 26. Dezember 2013 ein recht
pessimistisches Bild. Die Realität hat die Ereignisse überholt. "Die Zeit"
schreibt nun von einem Paradigmenwechsel: „Die
Geopolitik ist zurück... Die Rente mit 63 wird uns bald als anachronistischer
Luxus erscheinen.“
Es besteht kein Zweifel: Russland
überreizt seine Karten maßlos. Die Einverleibung der Krim hätte mittelfristig still,
effektiv und mit geringen Kosten erfolgen können. Die wichtigsten Trümpfe sind
neben Kultur, Geschichte und Mentalität das doppelte russische Lebensniveau und
die höhere politische Stabilität. Mit einer konstruktiven Rolle hätte Russland
die EU in der Ukraine weiter vorführen können und seine Position in einem Spiel
von Hase (EU) und Igel (Russland) für Jahre festgezogen.
Offensichtlich
kam Putin zur Schlussfolgerung, dass er die Zeit und Instrumente für eine
solche effektive Außenpolitik nicht mehr hat und deshalb die Flucht nach vorne
antreten musste. Fast möchte man meinen, dass Russland am Abend der Putinschen
Amtszeit Revanche für frühere Niederlagen und Rückschläge einfordert oder dass
Putin noch einmal alles auf eine Karte setzt und mit den ihm vertrauten Methoden
der Geheimdienste einen politischen Durchbruch ungeachtet aller Kosten erzielen
will.
Russland konnte
viel gewinnen, als er die Schwächen der EU ausnützte, besonders in der Außen-
und Energiepolitik. Auch angesichts der Finanz- und Staatskrise befand sich das
Verhältnis EU – Russland unter dem Radar der politischen Wahrnehmung. Die
europäische Außenpolitik war dilettantisch und unprofessionell. Die Unterstützung der demokratischen und marktwirtschaftlichen Impulse des Euromaidan ohne die Berücksichtigung des
Umfelds war mindestens naiv und zielte mehr auf die eigene Wählerschaft als das es der Ukraine half.
Aber in einer offenen Konfrontation kann Russland nur für einen kurzen Zeitraum punkten, nicht gewinnen. Die wirtschaftlichen und politischen Gewichte sind zu ungleich. Der beispiellose russische Propagandafeldzug, das militärische Säbelrasseln und die wirtschaftlichen Kosten – die Einverleibung der Krim wird 0.5 % BIP kosten – schlagen zurück. Eine überdimensionierte Winterolympiade, die zunehmenden innenpolitischen Restriktionen und eine Erschlaffung der wirtschaftlichen Vitalität haben alle Zutaten für einen kritischen Umkehrpunkt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die russische Regierung in drei Jahren noch an der Macht ist.
Aber in einer offenen Konfrontation kann Russland nur für einen kurzen Zeitraum punkten, nicht gewinnen. Die wirtschaftlichen und politischen Gewichte sind zu ungleich. Der beispiellose russische Propagandafeldzug, das militärische Säbelrasseln und die wirtschaftlichen Kosten – die Einverleibung der Krim wird 0.5 % BIP kosten – schlagen zurück. Eine überdimensionierte Winterolympiade, die zunehmenden innenpolitischen Restriktionen und eine Erschlaffung der wirtschaftlichen Vitalität haben alle Zutaten für einen kritischen Umkehrpunkt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die russische Regierung in drei Jahren noch an der Macht ist.
Nolens volens hat
der russische Bär die EU und die USA aufgeweckt. Die gegenwärtigen Demütigungen
des Westens werden nicht zu schnell vom Tisch gefegt werden können. Um
Geopolitik zu spielen, braucht man ein wirtschaftliches Hinterland, über das Russland nicht
mehr verfügt. Ja, die Ukraine wird zu einem jahrelangen Brennpunkt der EU werden
mit Kosten, die der Rettung Griechenland ähneln und bei denen ein hoher zweistelliger Milliardenbetrag
zu erwarten ist. Sollte der IMF (hier, hier, hier) mit einem Strukturanpassungsprogramm Erfolg
haben, droht Schlimmes. Die Neue Deutsche Außenpolitik hat eine erste
Bewährungsprobe. In einem optimistischen Szenarium beschleunigen die ukrainischen Ereignisse das Finden einer europäischen außenpolitischen Identität.
Im Vergleich zur wirtschaftlichen Gestaltungsmacht Russland ist die EU damit aber
nicht am Ende, sondern setzt ihre Prioritäten neu.
Die EU wird sich viel stärker in der Ukraine involvieren, aber ohne die Hilfe Russlands lässt sich
das Land nicht stabilisieren. Nach einer Abklingphase über die Resultate der
Annexion und möglichst geringen wirtschaftlichen Sanktionen muss man die
Zusammenarbeit suchen. Diese wird ruppig und bruchstückhaft bleiben.
Eine neue
russische Regierung wird sich auf die Vorgaben der EU einlassen müssen und
einlassen wollen. Bis dahin gilt es, sich in Geduld zu üben, Schadensbegrenzung
zu betreiben und, soweit möglich, europäische institutionelle Reformen voran zu
treiben.
Update 30. März: Die New York Times "The Economics of Limiting Russia's Expansion" fasst die Zusammenhänge plausibel zusammen
Update 30. März: Die New York Times "The Economics of Limiting Russia's Expansion" fasst die Zusammenhänge plausibel zusammen
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